Zur Namensgebung der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde in Heilbronn-Sontheim
Mit der Erschießung des Baugebietes Sontheim-Ost wurde auch der Bau eines evangelischen Gemeindezentrums geplant. Dafür wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben.
Aber wie sollte das neue Gemeindezentrum heißen?
Die Mitglieder der Matthäusgemeinde, zu der Sontheim-Ost damals gehörte, wurden gebeten, sich dazu Gedanken zu machen. Im März 1985 wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, dessen Ergebnis beim Gartenfest im Juni bekanntgegeben wurde.
25 Vorschläge waren eingegangen, von denen die Jury drei in die engere Wahl zog und mit Preisen
auszeichnete:
3. Preis: Franziskus-Gemeindezentrum
2. Preis: Markus-Gemeidezentrum
1. Preis: Dietrich-Bonhoeffer-Gemeindezentrum
Die Begründungen der Jury für die Auswahl stellte Herr Pfarrer Raff im Gemeindebrief vom Juli 1985 dar:
1. “Der Name Dietrich Bonhoeffer steht für eine Zeit, deren Wunden und Folgen bis heute unter uns spürbar sind - für die Zeit des Dritten Reichs und des zweiten Weltkriegs. Undenkbar wäre, dass unsere Gemeinde Sontheim-Ost aus so vielen Gruppen von Menschen zusammengesetzt wäre, wenn es diese Zeit nicht gegeben hätte.
Wenn wir als Gemeinde zusammenwachsen wollen, dann dürfen wir an diesem Ausgangspunkt nicht vorbeigehen, und sicher kann uns die Erinnerung an den Mann leiten, der mit seinem ganzen Leben und Denken durchlitt, was diese Zeit bedeutete, und der seinen Einsatz am Ende mit dem Leben bezahlen musste.''
2.„Was heißt es, bewusst Christ zu sein in den Herausforderungen des Alltags und der Gesellschaft?" Mit dieser Frage hat Bonhoeffer sich intensiv beschäftigt. Die Antwort suchte er vor allem in der Auseinandersetzung mit der Bergpredigt, jenem wichtigen Teil aus dem Matthäusevangelium. „Sind es darum nicht zwei Namen, die sehr wohl zusammenpassen: Matthäus, der Name unserer ganzen Gemeinde, der auf die Grundlage unseres christlichen Lebens hinweist, und Dietrich Bonhoeffer, der Name, der dazu herausfordert, das Heute zu leben,was das Matthäusevangelium als Nachfolge Jesu beschreibt?“
3. „Der Name Dietrich Bonhoeffer steht auch für die ökumenische Zusammenarbeit der Kirchen in unserer Zeit.
So ist sein Name Verpflichtung zur Ökumene am Ort wie auch zur weltweiten Ökumene, die nach seiner Meinung vor allem auch die Friedensfrage umfasst."
4. ln seinem Buch „Gemeinsames Leben“ beschreibt Bonhoeffer die Erfahrungen, die er im Zusammenleben mit angehenden Pfarrern im Predigerseminar der Bekennenden Kirche gemacht hatte. „Es enthält viele wichtige Anregungen, die gerade für eine noch junge Gemeinde hilfreich sein können: Wie können wir als Christen in unserer Gemeinde überzeugend miteinander leben?“
Weiter schrieb Herr Raff dazu: ,,Vier Gründe, die uns bewogen haben, diesen Namen zu wäh!en, und wir waren uns wohl bewusst, dass alle vier zugleich Herausforderungen an uns sind, die wir aufnehmen müssen, wenn die Namensgebung wirklich ihren Sinn haben soll. Alle miteinander sind wir also eingeladen, diese Herausforderung anzunehmen, die letztlich ja schon immer die Herausforderung einer christlichen Gemeinde war.“
Nach der Einweihung des Dietrich-Bonhoeffer-Gemeindezentrums gab und gibt es immer wieder Veranstaltungen, bei denen wir uns mit dem Leben und Wirken des Namensgebers beschäftigen, so auch in diesem Jahr zum Jahrestag seiner Hinrichtung vor 75 Jahren am 9. April 1945.